Suizidprävention im Fokus des Krisentalks 2023: Ich mache mir Sorgen – was tun?

Wenn Suizidalität im engsten Familien- oder Freundeskreis zum Thema wird, ist auch das nahe Umfeld mit großen Belastungen konfrontiert. Der diesjährige Krisentalk beleuchtete Suizidprävention aus der Perspektive von Angehörigen oder FreundInnen.

Rund 150 BesucherInnen verfolgten die Vorträge mit großem Interesse, durch die Veranstaltung führte ORF-Moderatorin Claudia Em. 

 

Den ersten Vortrag hielt der Soziologe Edwin Ladinser, Geschäftsführer von HPE Österreich, einer Beratungsstelle für Angehörige und FreundInnen psychisch Erkrankter. Unter dem Titel „Zwischen Hilfe und Überforderung – Suizidalität in Familie und Freundeskreis“ lotete er den schmalen Grat zwischen Unterstützung und Überlastung aus, auf dem sich die unmittelbare soziale Umgebung suizidgefährdeter oder suizidaler Menschen in den meisten Fällen bewegt. Gespickt mit vielen Erfahrungsberichten und Beispielen aus der Praxis, illustrierte Edwin Ladinser die unterschiedlichen Herausforderungen, mit denen Familienmitglieder, FreundInnen oder KollegInnen zu kämpfen haben, wenn Suizidalität im Raum steht: „Sie haben keine psychosoziale Ausbildung und können nicht um 17 Uhr abschalten, sondern sind rund um die Uhr im Einsatz. Deshalb ist es so wichtig, dass auch der Familien- und Freundeskreis professionelle Unterstützung, etwa durch die Krisenhilfe OÖ, in Anspruch nimmt.“   

Einblicke in die Arbeit der Krisenhilfe OÖ mit einem Schwerpunkt auf Suizidprävention gab die Psychotherapeutin, Teamleiterin der Krisenhilfe OÖ und SUPRA-Gatekeeper-Trainerin Elisabeth Hack in ihrem Vortrag „Psychodynamische Aspekte der Suizidalität – über die Notwendigkeit einer haltgebenden therapeutischen Beziehung“. Neben Zahlen, Fakten und Daten zum Thema Suizid betonte sie die Bedeutung von professionellem Beistand in der Suizidprävention: „Es braucht ein breites, stabiles und gutes Netzwerk aus tragfähigen Beziehungen – sowohl für suizidgefährdete Menschen als auch für ihr soziales Umfeld.“ 

Nach einer Pause mit ausreichend Raum für Austausch folgte eine Diskussionsrunde mit Edwin Ladinser, Elisabeth Hack und Manfred Grammer, dem Leiter der „Selbsthilfegruppe für Trauernde nach dem Suizid eines nahestehenden Menschen“ der Krisenhilfe OÖ. Im Rahmen dieses Talks wurden auch gängige Mythen thematisiert, die sich um das Thema Suizid ranken: „Landläufig existiert die Meinung, dass jemand, der über Suizid spricht, sich nicht das Leben nimmt. Diese Annahme ist falsch. Tatsächlich sprechen viele suizidgefährdete oder suizidale Menschen im Vorfeld darüber oder deuten ihre Absicht zumindest an. Dementsprechend wichtig ist es, die Äußerung von Suizidgedanken immer sehr ernst zu nehmen.“

Die Vortragenden des Krisentalks 2023 waren sich einig – die Gesellschaft als Ganzes ist dafür verantwortlich, Suizide zu verhindern. Wir müssen uns alle trauen, hinzuschauen und darüber zu reden – das sollte so selbstverständlich werden wie das Leisten von erster Hilfe bei einem Unfall. Sonja Hörmanseder, die Leiterin der Krisenhilfe OÖ, sagt: „Suizidalität ist in unserer Gesellschaft immer noch ein großes Tabu. Und doch sterben in Österreich im Schnitt mehr als drei Mal so viele Menschen durch Suizid wie im Straßenverkehr. Anhand dieser Zahl wird deutlich, wie wichtig Suizidprävention ist – sie macht einen wesentlichen Teil der täglichen Arbeit der Krisenhilfe OÖ aus. Mit dem Krisentalk 2023 verleiht die Krisenhilfe OÖ diesem Thema Sichtbarkeit. Gleichzeitig rückt der Krisentalk Personen im nahen Umfeld suizidgefährdeter oder suizidaler Menschen in den Fokus, die nicht immer ausreichend wahrgenommen werden, aber oft ebenso dringlich auf professionelle Unterstützung angewiesen sind.“